Samstag, 27. Oktober 2012

Verwandte

Tine Guck in die Luft

Baum-Schwestern, Baum-Brüder !
Recke meinen Nacken, euch im Blick
Laufe durch die Straßen erhobenen Hauptes
Schaue nach euch aus:
Wie ihr steht, selbstverständlich nehmt ihr den Raum

Von Erde zu Himmel
Weit streckt ihr euch aus, meßt die Luft !
Wie ich so wandere, nach oben gerichtet,
Wird weit mein Brustkorb:
Das Herz dehnt sich und stülpt ein paar Flügel aus
Fast wäre ich abgehoben.
Ihr erinnert mich an die gleitenden Wurzeln an meinen Füßen.
Bleibe unten, grüße euch und gleite vorüber.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Zeichen

Jeden Tag korrospondiert das Körpersystem mit seiner Zentrale: der Fuß tut weh, der Nacken ist verspannt, die Kieferknochen knacken, die Wirbelsäule ist steif, der Bauch bläht, die Haut juckt. Solange es nicht allzu einschränkend ist, ignorieren wir den Ausdruck der Unbehaglichkeit und machen einfach weiter. Beschwert sich der Körper stärker, geben wir dem Aufruf kurz Aufmerksamkeit, gehen zum Arzt, zum Heilpraktiker, lassen eine Diagnose stellen, eine Pille verschreiben oder nehmen ein paar Kügelchen. Mit wenig Aufwand soll das Vehikel schnell wieder funktionieren. Das Auto oder das Fahrrad bekommen nicht selten mehr Pflege, Zeit und Geld zugewendet.
Der Körper ist wie ein Garten, den wir hinter Mauern von Ignoranz und Absperrungen von Härte und Unverständnis verborgen halten. 
Nur die elementarsten Bedürfnisse dringen noch hervor und bedrängen uns. FastFood-Befriedigungen sind unsere Antwort.
Wie anders könnte es sein, würden wir mit Freude den Dialog mit unserem Körpergarten aufnehmen. Wir lassen unsere eingeschränkte Sichtweise hinter uns und beginnen in und mit den verschiedenen Organwesen, die wie Blumen, Sträucher und Bäume in uns leben eine freundschaftliche Beziehung.
Zuerst müssen wir die Verwahrlosung beseitigen. Den Körper entgiften ist wie Müll und Schutt in einem vernachlässigten Garten entfernen. Erst dann kann seine wahre Schönheit entdeckt werden, die bislang unendeckten Blüten bekommen Licht und atmen auf. Unser Körpergarten kann sich nun viel feiner und differenzierter mitteilen, gibt uns Hinweise über seine Befindlichkeit und belohnt uns mit Wohlbehagen, wenn wir auf seine Zeichen gehört  und uns ausreichend gekümmert haben.  
Wir erleben die Freude, einen Freund hinzugewonnen zu haben, der uns Rückmeldung gibt und uns hilft


die Balance zu halten.

Freitag, 19. Oktober 2012

Reisen

Reisen
auch eine Möglichkeit der Heilung
Reisen ins Land der Kindheit: im Land der Sieben Zwerge - ein Frühstücksraum des Waldorfkindergartens Dachsberg, unterwegs unter Bäumen im Wald - Fliegenpilz u. Co.
Ein paar Tage braucht es bis mein stadt-geschütteltes Körpersystem in der Stille der Natur ankommt, es gerät aus seiner Arretierung in eine Krise, Spannungen entladen sich schmerzhaft (die homöopathische Erstverschlimmerung).
Danach: freudevolles Sein, friedliche Stimmung, erfüllte Zeit mit Begegnungen: Bäume, Erdboden, Steine, Tiere, Menschen, Bergkuppen und Licht. Meine Augen saugen die Farben der Landschaft und die des Himmels.
Das Einfache beruhigt, das Schöne ergreift, das Wilde berührt, das Freundliche besänftigt: Potenzen fürs Gemüt. Indem ich mitschwinge, werde ich einfach, schön, wild, freundlich.






Das ist wahre Heilung. Selbstverordnete Homöopathie eben. 

Montag, 1. Oktober 2012

Zeichen

An manchen Tagen lese ich Spuren. Es ist gut, dass es in diesem Stadt-Djungle Zeichen gibt, die helfen, die Orientierung zu behalten. Wenn die Krähen stadteinwärts fliegen, weiß ich, daß es Morgen ist, fliegen sie stadtauswärts, ist es Abend. Nehmen die Obstfliegen überhand, ist es Zeit, den Bioeimer nach untern zu bringen. Sind feine Netze in die Ecken gewoben, geht es meiner Mitbewohnerin, der Frau Spinne gut. Sie fängt ein paar Mücken weg und ich warte noch mit dem Saugen.Als ich an meiner Palme vorbeigehe, sendet sie zarte Wellen aus. Ich nehme sie in meinen Blick, streiche ihr über die Wedel und gebe ihr Wasser.Auf meinem Balkon ist ein Kraut gewachsen, das ich nicht gesät habe. Es hat Blüten bekommen, ich nehme sie in Augenschein, es ist der Storchschnabel. Er sagt mir, ich habe eine Herbstkur nötig: fasten, Wasser trinken, Tee trinken, mich gründlich entgiften. Ich danke ihm für seine Fürsorge und werde seinen Rat bedenken. Mein Magen knurrt. Ich weiß nun, es ist Mittag, Zeit zum Inder zu gehen und heiße Suppe zu essen. Auf dem Weg wärmt mich die Sonne, ich drehe ihr mein Gesicht zu und habe gute Laune. Ich halte an, sammle Kastanien auf und stecke sie in meinen Rucksack. Auch eine Vogelfeder findet sich, ich hebe sie auf und werte sie als Gruß von den Luftakrobaten. Das Leben ist einfach und schön.